Text 99/218

Titel
Frühlingssprossen
Der Text
Mir ist so traulich fremd mit einem Mal
bisher, seit unerdenklich Zeiten, schleppt ich mich
ich fror, ich zitterte
und selbst die Daune wärmte nicht wie sonst bei Nacht
wie war das noch mit warmem Wind von Süd
wie war der Duft nach frischem Gras
gelöscht, verdrängt, in Wunschgedanken wie gefangen
selbst Schreiben fiel mir schwer

doch heute nahm ich mir ein weißes Blatt
eines, als wäre es vom Kirschbaum vor dem Haus
ein unbeschrieben Wunderschön
auf dieses schrieb ich unbefangen
erst ein, zwei Worte
dann rann es wie ein aufgetauter Bach
aus einem Winterwald
die Worte färbten sich wie´s eine Wiese tut
wenn sie sich schmückt mit Wiesenschaum und Dotterblum´
ich ließ es frei in jenen Raum
der grenzenlos in Worten schwimmt
vielleicht, vielleicht kommt es bei jemand an
vielleicht wird dieser, so wie ich
das Aufgeregte, Erwachte, das neue Blau des Himmels
so empfinden
vielleicht wird er es nicht
es kommt drauf an, wovon er abgelenkt

es lohnt wieder bewusst zu werden
nach allem Schnee und Eis.
Typ
Gedicht
Autor
Burkhard Jysch
Buck Jysch
Veröffentlichung erlaubt (nach Rücksprache)