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Titel
Die Goldmine
Der Text
Sieht man Bilder von Johannesburg, fallen sofort riesige Abraumhalden am Rande der Stadt ins Auge. Hier war es geschehen, dass ein Klumpen Gold gefunden wurde. Egal wo es auf der Welt passierte, es veränderte den Menschen und die Landschaft in atemberaubender Geschwindigkeit. Der Traum vom schnellen Reichtum beseelte jene, die ihn als Ausweg ihrer armen Lage sahen, die sich ein besseres Leben erhofften, und in Scharen danach suchten.

Die Wahrheit sah dann mehrheitlich anders aus. Nur wenigen gelang es reich zu werden, vielen aber reichte der Tod die Hand. In eines dieser Bergwerke, die immer tiefer in die Erde getrieben wurden, fuhren auch wir ein. Als Museum stand es noch da. Übertage Requisiten. Hütten, Werkzeuge und Schmalspurschienen kleiner Bahnen. Fotos einer Epoche hinter Glas. Im Film konnten wir sehen, wie das gewaschene Gestein zermahlen wurde, und eine Substanz übrig blieb, aus der endlich Gold in Form gegossen wurde. Später durften wir einen solchen Barren in den Händen halten. Er war deutlich schwerer als gedacht, und wurde von einem Polizisten mit schwerem Colt bewacht.....

Zuvor allerdings ging es mit dem Förderkorb schnell bergab. Bei 800m Tiefe stoppte das Gittergefährt abrupt, und entließ uns in eine Art Dom, der sich hell und hoch über uns wölbte. Die Gruppe wurde aufgefordert, in die kleinen offenen Waggons zu klettern, die uns auf einer Ruckelfahrt ins Berginnere beförderten. Ab und zu an der Gesteinsdecke eine schwach Licht spendende Birne, die das mulmige Gefühl aus Hitze und Enge kaum dämpfte. Ein stetiger Wind blies uns entgegen, mit einem Geruch aus Stein und alter Erde.

Das Gestein war durchweg weiß wie Marmor. Der Führer unserer Gruppe sprach Englisch, erzählte von Anfängen der Goldsuche, von unglaublichen Mühen, Unglücken und den Mengen an Gestein, die zur Seite geschafft werden müssten, um auch nur an einen Bruchteil des Begehrten zu kommen. Sichtbar, wie anfangs erwähnt, rings um Johannesburg. Er nahm uns mit zu einer Stelle, eine weiße Wand in der ein daumendicker Streifen grauer Färbung zu erkennen war, der sich die Wand entlang zog. Dies sei die Goldader, die plötzlich enden könnte oder sich verbreitern. Wer konnte schon deren Ausprägung abschätzen?

Vielleicht ist das Ungewisse ja ein Teil des Reizes, mehr zu finden und mehr zu fördern. Oder, wie die Geschichte erzählt, an einem gewöhnlichen Morgen, als ein Kochlehrling Ärger mit seinem Chef bekam, der ihn nach Haus schickte. Anstatt auf direktem Weg zu gehen, nahm er den Weg an einem Fluss entlang am Witwatersrand. Er wurde aufmerksam auf ein gelb schimmerndes Gestein, das im Flachwasser lag.

Die Geschichte des ersten Goldfundes in Südafrika nahm seinen Anfang. Sie ist immer noch nicht beendet, und treibt in immer weitere Tiefen, mit immer neueren Technologien. Der Traum vom Reichtum wird weiter geträumt, und von neuen Funden ist ab und an zu lesen.

Ich selbst habe mir eine Goldmünze gekauft, natürlich nicht zum Tiefstpreis. Seither beobachte ich den Wert des Krüger Rand in der Tageszeitung, und hoffe auf meinen kleinen persönlich zu hebenden Schatz. Ganz ohne Pfanne und überirdisch.
Typ
Kurzgeschichte
Autor
Burkhard Jysch
Veröffentlichung erlaubt
Ja