Der Text
Vor dem Stückchen Wald lag sie, die Auenwiese. Ein von der Straße abfallendes Stück Land, das sich wegen seiner zu hohen Feuchtigkeit jeglicher Nutzung entzog. Kein schweres Gerät konnte auf diesem Boden eingesetzt werden, keine Frucht, die es lohnte zu ernten. An ihrer Seite floss ein kleiner klarer Bach, der aus dem Wald kam, die Straße unterquerte und sich seitlich des Auenwäldchens vorbei schlängelte, als wüsste er um die Gefahr sich im Dickicht zu verlaufen. So unberührt war nicht mehr vieles, und als ob sie es wussten, flüchtete so manches gejagte Wild ins Unterholz und entkam der Treibjagd.
Im März, wenn der Frost den Boden wieder her gab, sich der Reif nicht mehr bildete, das Wasser des Baches ohne klirrende Eisplatten munter bewegen konnte, gingen wir nachschauen. Auf der Suche nach dem Frühling kamen hier erste Buschwindröschen, Märzbecher, und erste Schlüsselblumen ans Licht, die wir als Sträuße mitbrachten, und den Tisch auf eine andere Jahreszeit vorbereiteten. Der Duft nach süßem Karamell, ihre gelbe Farbe, die kleinen Glocken ihrer Blüten waren dazu geeignet sich auf den Frühling zu freuen, der bevor stand.
Der mehrheitlich aus Pappeln bestehende Baumbestand ließ das Herbstlaub am Boden verrotten und es besonders eindrucksvoll duften. Der morastige Grund färbte sich rötlich braun, was auf den hohen Eisengehalt schließen ließ. An den Bachrändern wuchsen wilde Orchideen und großblättrige Pflanzen, deren Namen keine Rolle spielten, die sich aber für kleine Schiffbauten eigneten. Alles, was sich im Sturm losriss, und umgeworfen wurde, blieb an Ort und Stelle, ein Urwald war es, in dem wir unsere Freude hatten auf der Suche nach kleinen Abenteuern abseits der Straße.
Irgendwann wurde die Wiese aufgerissen, Tonrohre verlegt, die zum Bach führten. Sie wurde quasi trocken gelegt, um für Getreide, Kartoffeln gut zu sein, um aus ihr etwas heraus zu holen, das sättigte oder das Portemonnaie füllte. Zwei ausgehobene Teiche, ein verrottender Wohnwagen waren jetzt anstelle des beschriebenen Glücks, und wir längst zu erwachsen, um noch Schiffchen aus Blättern zu bauen. Wenn es denn aber so ist, dass ich in den Besitz eines Sträußchens Schlüsselblumen zu kommen, kann mich nichts auf der Welt davon abhalten, daran zu schnuppern, auch wenn es ein Kopfschütteln bei der Verkäuferin auslöst, denn sie weiß ja nicht warum...