Text 179/643

Titel
Der Python
Der Text
Inmitten des Marktgewusels, zwischen den Händlern, den Hühnern in Körben aneinander gebunden an den Füßen, an Hunde Welpen, die ihre Blicke in den Himmel richten, als ob von da etwas kommen würde, was sie aus der Enge dieser Menschenwelt befreit, in all dem stoßen wir auf eine Ansammlung von Zuschauern, die um etwas herum stehen, was noch nicht so ganz auszumachen ist. Beim Näherkommen erkennen wir einen der Zuschauer, der eine Würgeschlange um den Hals trägt, die es sich anscheinend gefallen lässt. Bei der drückenden Hitze Bangkoks ist jedes Lebewesen in einer Art Trance, und quält sich durch die Schwadenluft aus Gestank, Benzin, Petroleum und Garküchen, durch Sprachen aller Herren Länder, sowie die weißen Fäden zahlloser Räucherstäbchen.

In eben dieser Luft bleiben wir stehen, und schauen gespannt auf den Schlangenbesitzer, der dazu animiert nach Vorn zu kommen, um ebenfalls einmal solch eine Schlange für einen Moment zu tragen. Die meisten zögern, so wie ich, der noch mit sich kämpft. Der Bändiger wird das wohl gesehen haben, und winkt mich zu sich. Ich bin heute mutig, entscheide ich, und wer weiß, wann ich noch einmal solch eine Gelegenheit bekommen werde.......

Ich soll mich etwas breitbeinig hinstellen und ruhig bleiben, die Schlange wäre schon gefüttert, scherzt er, um mir die Angst zu nehmen. Ich spüre ihr großes Gewicht, nehme ihre enorme Länge wahr, bemerke ihren Kopf, der an meinem linken Fuß auf dem Boden aufliegt, während die Mitte wie ein Schlauchbootwulst um meinen Hals hängt, und das Schwanzende neben meinem rechten Fuß zu sein scheint. Ich bin mir da nicht sicher, denn was ich da um mich habe entwickelt eine ständige Dynamik, ist langsam aber sehr bestimmt in Windungen unter ihrer Haut beschäftigt und weiß, wer der Chef ist, so wie ich es weiß in dem Moment, wo sie auf mir liegt.

Ihre Haut ist graublau und von einem Netz durchzogen, die Augen wie ausgeschlagen und künstlich wieder eingesetzt. Meine Gedanken sind bei jeder Kreatur, der sie sich bemächtigen kann, wenn sie es vor hat. Meine Gedanken sind bei den sinnlosen Versuchen dem Ganzen irgendwie zu entkommen, und bei meiner Hoffnung ihren Hunger nicht gerade jetzt wieder zu wecken. Ihr Schwanzende wickelt sich allmählich um mein Bein, eine Gegenbewegung gebe ich gleich auf, da der so empfundene "Draht" zu stark ist.... Der Kopf hebt sich bis zu meiner Hüfte, und meine Augen wandern zum Bändiger, dem ich ein Zeichen sende die Schlange von mir ab zu nehmen.

Er nimmt sie hinter der Verdickung in ihrem Körper, ein Kaninchen?, und legt sie sich selbst um die Schultern. Ich gehe sehr nachdenklich zu unserer Gruppe, die das Ganze in Bildern fest gehalten hat. Als ich gefragt werde, wie es sich angefühlt hat sage ich: "Sie war warm und ihre Haut war glatt in einer Richtung, in der Gegenrichtung aber waren es Schuppen. Rau und widerstrebend, als wenn es bei ihr nur eine Richtung geben würde, die zu ihrem Schlund....
Typ
Kurzgeschichte
Autor
Burkhard Jysch
Veröffentlichung erlaubt
Nein