Der Text
Darf ich mich einmischen?
Der Krieg stellte die Frage, indem er sich schon eingemischt hatte.
Ihr an euren Konferenztischen seid mir zu träge. Zu langsam fließt die Tinte aus euren vergoldeten Füllfederhaltern, und kaum ist sie trocken, juckt es mich in den Fingern das Geschriebene mitsamt dem Federhalter zu zertrümmern.
Er fühlte sich stark, der Krieg, da er nicht durch Worte zu stoppen war. Er nährte sich mehr als prächtig von Waffenlieferungen, die meist ohne große Publicity in Schiffbäuchen verschwanden, in Flugzeugen ohne Bemalung gehievt wurden und dort ausgeladen, wo der Hunger war und das Elend.
Krise? fragte er einmal, Krise kenne ich nicht. Meine Steigerungsrate ist offensichtlich, und von den Hügeln könnt ihr mich bewundern. Ich rühme mich meiner Schönheit, wenn sie sich als orangefarbene Wolke aus einer Straße in Gaza Stadt über das große Ganze erhebt oder wenn sie Kassam heißt. Abgeschossen vor einer Moschee, auf den Weg geschickt ins Heilige Land. Als noch Ritterlichkeit herrschte, das Schwert gegen das Schwert gehalten wurde, war ich ein Einfalt gegen das Heute!
Er sprach jetzt nicht mehr, er sinnierte. War im Kopf des Gymnasiasten in der Nähe einer Highschool, deren Fensterrahmen er zu sprengen gedachte, dass die Scheiben zu Scherben wurden und die Ungerechtigkeit zu Gerechtigkeit durch seine Tat. War im Kopf der Mutter, die ihn gegen das Leben führte, in das sie nach neun Monaten plötzlich geriet und Hilflosigkeit ihr einziger Freund schien. Er sinnierte, ob das schon Krieg war und darüber wo er begann wenn nicht im Kopf.
Er konnte auch schweigen. Am Tisch der Familie zur Strafe für irgendetwas Unverstandenes. Eisig war er dann und vergiftend. Oh, er hatte viele hässliche Gesichter, die alle auf ihre Art schmerzten. Er trennte zuerst. Die Männer gingen zu den Männern, diese erst zur Grenze, dann darüber hinaus. Was war schon eine Grenze? Man konnte sie überschreiten, überfliegen und weit hinein schießen, wo der Friede war, den er zu treffen gedachte. Er würde nicht ruhen bis aller Friede, und das war seine Botschaft, bis aller Friede zerstört war.
Und die Presse? warf ich in den überhitzten Raum der Gedanken, ist sie nicht Teil der Wahrheit? Er bekam einen Hustenanfall im Zusammenhang mit dem Wort Wahrheit.
Wenn du die suchst, musst du zu den Wasserstellen gehen, zu den erfrorenen Gliedern, zu den erstarrten, zerstückelten und zu den Tränen. Hier siehst du mich in meiner einzigen Wahrheit, wenn sie mich erfahren haben. Verstehst du?
Mich!
Bemühe dich in die leeren Mägen der Hungernden, in die leer gesogenen Brüste Simbabwes, in die enthaupteten Gesichter Myanmars.
Der Krieg bemühte sich nicht zu lügen. Das tat die Lüge selbst, und sie tat es hervorragend. Sie streute wie ein Krebsgeschwür, tat nicht einmal weh, verzweigte sich, verwandelte sich und schlich als Wahrheit umher. Ihre Maske riss sie erst vor der Detonation ab, vom Krieg bestätigt, der die Lüge nicht mehr brauchte, war er erst ausgebrochen. Ausgebrochen heißt es immer, wenn etwas vorher eingezäunt war, unter Kontrolle gehalten. Krieg im Käfig der Gedanken.
Ich lasse sterben, sagte der Krieg, nicht die, die mich nähren, nicht die an den Streittischen der Unterzeichner irgendwelcher Abkommen. Ich suche mir die Opfer unter den Armen, ja Unbeteiligten, die im Weg des Lebens stehen, um an etwas Wasser zu kommen, an eine Frucht. Es bilden sich Schlangen vor den Wasserhähnen gegen den Durst. Da bin ich schon sehr präsent.
Tagesschau 2000 Uhr.
Wir können nicht berichten, wir sind außen vor. Sie haben die Grenze geschlossen.
Und in Allem ist nur die Spitze der Lüge, die der Wahrheit; und ab und an ein Kind inmitten, das die staubige Hand nach etwas ausstreckt, was aus dem Hahn tropft, um es in den Schutt zu bringen. Dorthin woher es kam und dort, wo jetzt die anderen auf seine Hand warten.
Wie die Welt auf Frieden.