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Titel
Das Ungetüm
Der Text
Der große Hof gleich hinterm Berg war die nächste bewohnte Behausung, ehe es zum Dorf hinunter ging mit seinen drei Krämerläden, der Fleischerei und dem Allerlei Geschäft mit der Lottoannahmestelle, der einen Kneipe in Dorfmitte, und der anderen an dessen Ende, gleich neben dem Friedhof. Wovon ich aber am meisten beeindruckt war zu Lederhosenzeiten war die etwas zurück liegende Halle hinter dem Hof mit dem angeketteten Hund. Meist nicht ganz verschlossen zwängte ich mich unbeachtet manchmal durch den engen Spalt. Ich betrat sicher mit großen Augen die riesige Halle, in der gleich ums Eck das stand, was man Dreschmaschine nannte. Ein grandioses Metallwerk aus breiten Gurten, einem gefräßigen Maul, der meterlangen Front, und auf Reifen stehend, die noch über mich hinaus wuchsen. Es stank nach Gummi, nach altem Öl und Rost, nach Staub und einer Vergessenheit über eine lange Zeit. In Winterzeiten stand sie einfach nur da, als ob sie sich von sich selbst erholen musste. Nach der anstrengenden Ernte im Hochsommer bis zu letzten im frühen Herbst. Sie stand einfach nur da, und manchmal hatte ich das Gefühl wir beobachteten uns beide.

In großen gelben Buchstaben auf einer ihrer Seiten stand ihr Name. Fendt. Wie konnte man nur so heißen? Ich umrundete sie als wäre sie ein totes Tier, das jeden Moment sich noch einmal stöhnend aufrichten würde, käme ich ihm zu nahe. Mit etwas Herzklopfen bestieg ich die Metallstufen, bis ich auf ihr Dach sehen konnte, in dem die Garben verschwanden, von dem bei Betrieb nur das Korn vorn wieder ausgepuckt wurde. Wehe sie war in Betrieb! Da durfte ich mich nur mit gehörigem Abstand nähern und zuschauen wie Wagenladung um Ladung vor die Halle gefahren wurde. Die reifen goldgelben Strohgarben wurden in ihre Nähe bugsiert, und unter Getöse gedroschen.

Dies alles geschah mit einem dermaßen Lärm, dass man sich nur mit Zeichensprache unterhielt. Die Gummigurte in der Breite meiner Armlänge schienen von Urkraft getrieben, erschienen, verschwanden, und kehrten zurück in einem immerwährenden Kreislauf, der kein Ende nehmen wollte. Eingehüllt war das Ganze in einem Feuerwerk aus Strohspelzen, die wie Mückenschwärme darauf warteten zuzustechen. Durch das breite, herein strömende Sonnenlicht war es dieser Wirbel, der die Welt auf den Kopf stellte. In Jutesäcke strömte zu guter Letzt in einem breiten Schwall das Korn, wurde fix gepackt, geschnürt, transportiert und verschwand wie alles verschwindet. Dass es im Brot war, wurde erzählt, und ich begriff mit der Zeit wie sich alles fügte.

Das Ungetüm wird eines Tages verrostet auseinander genommen worden sein, die kleinen Lädchen im Dorf verschwanden wie die beiden Kneipen, und eigentlich sind nur noch die Felder geblieben mit neuen Kornsorten in der Hälfte der Höhe von damals. Damals, als der Wind sie in Wogen bewegte und ich mich darin verstecken konnte.
Typ
Kurzgeschichte
Autor
Burkhard Jysch
Veröffentlichung erlaubt
Nein