Der Text
Die Minuten verschieben sich. Und manchmal habe ich das Gefühl, dass jemand dabei hilft, sie in die Nacht begleitet. Es sind jene, die zwischen Tag und Nacht liegen, schweben, simmern, auch zögernd sich leicht dehnen, als ob sie sich vom Tag nicht trennen mögen. Vielleicht einem dieser warmen Sommertage, von denen es manchmal welche gibt. Aus dem Hellen wird Dunkel. Aber bevor es dazu kommt, geschieht etwas sehr sonderbares. Der Zaunpfahl, der eben noch stolz und trotzig als einer von Vielen den Draht um die Weide spannte, er wird fahl. Aus seinem Braun wird sogar etwas wie Violett. Aus dem Draht wird, kurz bevor er zum Nichts gerät, noch einmal ein Faden, dem man die Last des Tages ansieht, ein Notenblatt, noch unbeschrieben und auf die Hand des Meisters wartend.
Der nahe Wald hat plötzlich aufgehört Geschichten zu erzählen. Am Himmel färbt es sich übermütig bis eben zu jener Minute, in der alles zu einem wird, und aus einem alles. Ich erwarte oft diese eine Minute ungeduldig. Sie kommt nie pünktlich, und wenn sie es verspricht pünktlich zu sein, kommt sie doch nicht. Das Kornfeld mit dem blauen Hafer sanft bewegt durch eine unsichtbare Hand, und über den Hügel, hinter dem das kleine Dorf mit sich selbst beschäftigt ist, springen noch einmal Vögel auf, um einen besseren Schlafplatz zu finden.
In dieser Minute bricht kunstflugtauglich eine Fledermaus zu ihrer Nachtarbeit auf. Lautlos. Und mir bleibt nur - die Luft anzuhalten. Die vom Tag, die vom gemähten Gras, jene vom Wald mit seinen herbstlich duftenden Pilzen, die vom gefallenen Laub der Pappeln und jene, von der ich müde werde, um eins zu werden mit dem Ganzen. Für eine Nacht eins.