Der Text
Auf die Frage meines noch kleinen Sohnes: "Papa, was machst du eigentlich, wenn du zur Arbeit gehst?" antwortete ich: "Am nächsten Sonntag habe ich frei, nehme dich einfach mal mit, dann kannst du es sehen".
Wir machten uns auf den Weg zum Flugplatz, und sahen von weitem den Tower. "Da werden wir gleich rauf fahren." Ich meine ein erstes Zeichen der Anerkennung im Augenwinkel gelesen zu haben. Geparkt, die Tastatur mit dem Tages Code gedrückt, und über die Sprechtaste unseren Besuch angekündigt. Durch das Wachsystem ist es so, dass die gegenläufige Wache zwar die Leute, die denselben Job ausüben, beim Namen kennen sollte, sie aber nie zu sehen bekommen. "Wer ist da?" Ich nenne nochmal meinen Namen, etwas langsamer und lauter. "Kenn` ich nicht....." Beim Blick zum Sohn stelle ich leichte Zweifel fest, ob der Papa seit Jahren nur so tut, als ob er zur Arbeit fährt.....
Ich nenne noch zwei weitere Namen aus dem Gegenteam, das heute Dienst hat, und erreiche endlich das Summen der Eingangstür. Die Wendeltreppe gefällt ihm offensichtlich, und er schaut durchs Geländer nach unten. Es gibt kurz vor den letzten Stufen noch eine weitere Tür, die durch einen Summer geöffnet werden muss, der nur von oben ausgelöst werden kann.
Nach der kleinen Bergtour erreichen wir die Plattform, die Arbeitsplätze der Lotsen und Assistenten im Halbrund, und schauen auf die große Stadt durch die riesigen Scheiben. Sehen die sonntägliche Ruhe auf dem Vorfeld sowie die Besucherterrasse. Ich hebe ihn hoch, damit er auch die Startbahn sehen kann, von der aus es in die weite Welt geht. Seine kleinen Augen huschen über die zahlreichen Knöpfe und Tasten, auf diverse Telefone, und bleiben an der Lichtkanone hängen, die von der Decke baumelt.
Wir stellen uns vor, tauschen ein paar Worte des Willkommens, und erkennen doch das eine oder andere Gesicht wieder. "Der Papa erklärt dir das Ganze bestimmt gleich", sagt der Lotse, und erntet ein Nicken von mir. "Mit dem Ding da oben können wir dem Piloten über Lichtsignal etwas sagen, falls der Funk ausfällt", beginne ich mit der Beantwortung seiner ersten unausgesprochenen Frage. Das schwarze Ding hat eine Glasscheibe, hinter der starke Lampen das jeweils benötigte farbige Glas als Signal übermittelt. Zum Beispiel "clear to land" bei Dauergrün. Ich sage aber nur: "Damit kann uns der Pilot sehen und weiß, wie er sich verhalten soll."
In diesem Moment kommt die Ablösung die Stufen hoch. "Ah, wir haben hohen Besuch", sagt der Lotse, und hängt seine Jacke über den Stuhl. Er holt sich die Lichtkanone herunter, und kämmt sich im Glas eben die Haare....Die praktische Anwendung eines wichtigen Kommunikationsmittels in allen Kontrolltürmen dieser Welt kommt zur Unzeit. Was soll er nun glauben, wenn das Ding zum Kämmen gedacht ist?
Mein Kind setze ich auf einen der Drehstühle, und achte darauf, dass er seine kleinen Finger außer der Reichweite interessanter Knöpfe hält, während ich ihn ein paarmal drehe.
Vergeblich warten wir auf einen Start oder eine Landung. Es ist Sonntag, nicht viel los, was soll man zeigen? Die Minuten vergehen schnell, und ich will ihm noch die JU52 in der oberen Halle des Flughafens zeigen, worauf er sich schon gefreut hat, als ich es mal erwähnte. Wir verabschieden uns von der Crew, und gehen die Stufen herunter. Auf dem Weg nach draußen frage ich ihn: "Und was hat dir jetzt am besten gefallen?" bekomme die Antwort:
"Der Drehstuhl".....