Text 644/652

Titel
Zeichensprache
Der Text
Vor dem Einkauf schreibe ich mir meist einen Zettel. Den stecke ich in die Jacke, die ich garantiert nicht zum Einkauf anziehe, oder dahin, wo ich ihn todsicher nicht suchen würde. Taucht er aber nach gewisser Suche im Eingangsbereich des Konsumtempels wieder auf, ist die Freude groß. Sie wird nur dann gedämpft, wenn man den alten Zettel nimmt und sich über den Kartoffelverbrauch wundert….

Die Dinge, die ich am nötigsten brauche, liegen weit weg. Die Ladeneinrichter wissen sehr genau, was am meisten gekauft wird und sorgen für lange Wege. Ware mit nahendem Verfalldatum wird nach Vorne geschoben wie ein grinsender Politiker auf einem Wahlplakat. Die Akustikabteilung sorgt für angenehme Basisberauschung, unterbrochen von Werbung für einen Käse, der es verdient hat gekauft zu werden. Eine Zahnpasta Einblendung lässt mich an den Routinebesuch denken und erzeugt ein schlechtes Gewissen…

Im Grunde bekommt man alles in Supermärkten. Um einen Bediensteten um Rat zu fragen muss man früh raus. Noch vor Ladenöffnung wäre die beste Chance. Hernach sitzt alles an der Kasse. Hier und da eine gebeugte Figur beim Einräumen oder Sortieren. Gut gelaunte Menschen traf ich in England. Durch meinen deutschen Akzent, bei dem sich die Zunge weigert zwischen die Schneidezähne zu geraten, wurde ich kontinental eingestuft und fast bis zum Wagen begleitet, den ich ebenfalls suchen musste.

In Italien, dem Land der sprechenden Hände, habe ich gewöhnlich eine Wünschelrute dabei, um zur Nudel zu finden. Holland ist schon wegen der Sprache eine Ohrenweide. Da lohnt jede Frage, auch wenn man direkt vor dem steht, was gesucht wird. Die Zeichensprache ist international, nur bei Makkaroni sollte man etwas zurückhaltender sein…

Erinnerungen an das Ansinnen ein Gewächshaus zu kaufen, lassen mich immer noch schmunzeln. Der von mir Befragte war der deutschen Sprache ebenso mächtig, wie ich der serbokroatischen. Er führte mich nach langer Wegstrecke vor eine Saatschale. Ich versuchte es bis zum Esperanto und ging mit einer Tüte Möhrensamen nach Haus.

Habe ich alles auf dem Zettel Vermerkte im Korb, kommt es zum Unausweichlichen. Sie wollen Geld. Ein Strichcode wird gescannt, oder eine zwölf stellige Nummer eingehackt. Kasse 1 bis 8 klingt wie eine Voliere voller Exoten. Der Euro rauscht.

Vorbei die Zeiten in denen ein Plausch drin war, in denen eine Registrierkasse erst aufsprang, wenn die Kurbel geschwungen wurde. Es hatte was von Mechanik statt Elektronik. Und wer weiß, wie in ferner Zukunft abgerechnet wird.

Vielleicht griechisch, also geschätzt…
Typ
Geschichte
Autor
Burkhard Jysch