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Titel
Wir hatten einen Hof in Bayern
Der Text
Wir hatten einen Hof im tiefsten Bayern. Nicht einmal Touristen kamen dorthin. Unser Dorf war von Bäumen umstanden und hatte in seiner Mitte die Kirche. Es gab Kühe und Milch, unseren Hof, und nichts deutete darauf hin, dass es jenseits der Bäume noch etwas anderes gab als das.

Als ich eines Tages an einem Darminfekt erkrankte, erklärte der herbei gerufene Hausarzt, dass es sinnvoll wäre, den Infekt genauer untersuchen zu lassen. Eine Laborprobe wäre angeraten. Ich sollte in die Stadt fahren, wo es ein Institut gab, das Näheres in Erfahrung bringen würde. Seit ich denken konnte war ich hier am Hof, und eine Stadt kannte ich nicht. Wir hatten alle Hände voll zu tun mit den Tieren, und ich war ein Teil dieser Arbeit. Außer einem Schnupfen und Masern hatte ich keine Probleme.

Mutter brachte mich mit Pferd und Leiterwagen zum Zug, der am Bahnhof der nächstgelegenen Bahnverbindung hielt, löste ein Hin- und Rückfahrticket, und schrieb mir auf einen Zettel das Ziel. Eine Praxis, die nicht weit vom Bahnhof der Kreisstadt lag. Ich hatte Durchfall und Angst. Alles war fremd und neu für mich. Ich fragte mich durch zum Institut.

Den Brief vom Arzt gab ich der Dame am Empfang. Sie las ihn kurz durch und gab mir einen Plastikbecher mit einem Holzspatel darin. Dann deutete sie auf eine Tür hinter der die Toilette wäre. Ich solle eine Stuhlprobe abgeben und sie in ein Fenster stellen. Als ich sie fragend ansah, deutete sie auf den Becher und sagte, dass ich dort groß hinein machen soll.

Der Raum war sehr klein und hatte ein Klo, das nicht wie unseres aussah. Alles was wir hatten war ein Holzring, auf den man sich setzte und Zeitungspapierfetzen vom "Münchner Abendblatt" zum Abwischen benutzte. Ich schlug den Deckel zurück und sah etwas Wasser in einer weißen Mulde, vor der ein Loch mit noch mehr Wasser war. Dann stellte ich den Becher ins Klo und setzte mich drauf. Da ich nicht sehen konnte, ob ich ihn genau treffen würde, beschloss ich mich den Rand des Klos zu besteigen, um genauer zielen zu können. Der Becher kippelte durch das Wasser immer hin und her, und ich verlor langsam die Geduld. Ich entdeckte eine Bürste neben dem Klo, die bestimmt dafür gedacht war, das Wasser heraus zu befördern, damit der Becher ruhig stehen blieb.
So stellte ich ihn in die Mulde und hatte endlich kräftig Erfolg! Den Becher hätten sie ruhig größer machen können....

Die ganze Zeit fragte ich mich, wozu eigentlich der Holzbeitel gut sei. Jetzt dämmerte es mir. Ich nahm den Becher vorsichtig aus dem Becken und strich mit dem Holzbeitel alles schön glatt. Zum Schluss steckte ich ihn genau in die Mitte. Das Ganze stellte ich ins Fenster, wie mir befohlen war.

Nachdem ich sehr lange warten musste bis mich jemand aufrief, gab man mir wieder einen Brief mit für den Arzt. Ich öffnete ihn heimlich im Zug und verstand gar nichts daraus. Nur ein paar Worte die ich las, bevor ich wieder aufs Klo musste. Es lag drei Waggons weiter. Bei der Spülung konnte ich sogar nach draußen sehen.

Es war fast wie bei uns zu Haus.....
Typ
Geschichte
Autor
Burkhard Jysch