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Titel
Wie Hund und Katz
Der Text
Wer schon einmal mit offenen Augen diese beiden Wesen beobachtet hat wird vielleicht verstehen, wie unterschiedlich sie sind. Aus einer Laune der Natur werden sie sich als Vierbeiner eines Tages getrennt, und ihre eigenen Entwicklungsformen genommen haben. Der eine bekam ein flauschig Fell, blieb klein von Wuchs, (bis auf Großkatz), und ihm wuchsen Spürhaare. Der andere wurde zum Hund.

Welche der beiden Arten zuerst zum Freund des Menschen wurde ist nicht bekannt. Vorstellbar aber, dass es der Hund war, der den Jäger auf seiner Fährtensuche begleitete und wichtige Hilfe war, während der flauschige Sohlengänger vor der Höhle in der Sonne lag. Vielleicht sollte auch die Katze einmal so werden wie der Hund. Aufmerksam den Befehlen des Herrn lauschen, um sie umzusetzen, an der Leine gehen im Park, oder kritiklos durch Reifen springen.

Stattdessen ging sie ihren eigenen Weg. Schlief durch die Tage, und kam erst nachts so richtig auf Touren, wenn alles schlief, bis auf das, was sie beliebte zu fressen. Während der Hund Kräfte sammelte für den nächsten anstrengenden Tag, schlich sie um die Ecken, lauschte auf verdächtige Geräusche, und suchte sich einen Spielpartner, den sie gewöhnlich am Ende des Spiels verspeiste. Einem Hund würde nicht im Traum einfallen, sein gejagtes Opfer zuerst fast freundschaftlich zu tätscheln, und seines Weges gehen zu lassen, um es immer wieder zu sich zu holen, um weiter zu spielen. Er würde es gleich fressen, oder dem Herrn ausliefern, wie er es gelernt hatte.

Trafen nun diese sich unterschiedlich entwickelnden Individuen aufeinander, kam Wasser zum Feuer. Und wie auch da, fauchte es fürchterlich, bis der eine, also der Hund, den Schwanz einzog, und der Katz Platz machte. Während sie ein weitestgehend eigenes Leben gestaltete, wartete ihr Gegenüber auf Belohnung. Stierte das an, was im Kühlschrank war, und zeigte sich zu fast hundert Prozent domestiziert.

Beim Aufeinandertreffen dieser Vierbeiner beobachtete ich eine bezeichnende Szene. Unvermittelt standen sie sich gegenüber. Keine Zeit zum Überlegen. Während der Hund versuchte, alle Informationen über das Beschnüffeln ihres Hinterteils zu erlangen, fauchte sie ihn erst einmal an. Ungeheuerlich geradezu empfand sie das Verhalten, als hätte jemand Fremdes die Badezimmertür aufgebrochen, während sie duschte. Derart abweisend gähnte sie auch noch, um ihr Desinteresse zu zeigen. Ihre Körperhaltung offenbarte einen gekrümmten Buckel und einen buschigen Schwanz, ihre Zähne sprachen lautlos aber deutlich. Ein gezielter rechter Haken an seine Schlabberschnauze ließ nur noch Speisereste durch die Gegend fliegen, wenig Sympathie.

Ungeduld auf der Hundeseite steht das Gegenteil gegenüber. Als ein Kamerateam einen Leoparden auf der Jagd nach einem Warzenschwein beobachtete, musste die Crew mehrfach abgelöst werden. Im Geäst oberhalb des Termitenhügels lauernd, brachte es der Jäger auf zwei Tage und Nächte im Lauerzustand, bis sich das Schwein sicher fühlte seine Höhle zu verlassen....

Die Lebenserwartung eines einfachen Knochens, der einer Hundeschnauze ausgesetzt ist, bemisst sich höchstens in Minuten.

Ich selbst mag Katzen, da sie ihre Hinterlassenschaft zubaggern, während Hunde sich auf das verlassen, was einen schwarzen Beutel hinter ihnen her trägt, um sie zu entsorgen. Katzen sind steuerfrei und selbstbestimmt. Außerdem werden sie mit der digitalen Entwicklung schneller mithalten. Wer kennt nicht ihren Bildungshunger auf der Tastatur des Laptops während des Schreibens eines wichtigen Artikels? Ein Hund würde nur neben dem Stuhl sitzen bleiben.
Typ
Kurzgeschichte
Autor
Burkhard Jysch
Veröffentlichung erlaubt
Ja