Text 552/645

Titel
Tschannerl
Der Text
Die größten Folgen eines einfachen Satzes gehen meist von Frauen aus. Fast schon in die Wiege gelegt bekommt der Mann den Hammer, während die Frau eben jene Sätze fast beiläufig hören lässt wie diesen: "Wie lange wollten wir schon..." und dabei auffällig an die Decke schaut und den dunklen Fleck anvisiert, der die Folgen einer Fliegenklatsche dokumentiert. Oder: "Wir könnten doch mal..." Auffällig dabei der Einbezug ihrer Hoheit selbst, die natürlich mit hilft, wenn der Mann die alten Fliesen im Bad mit einem Bosch Hammer von der Wand zu Boden befördert.

In meiner damaligen Nachbarschaft wohnte ein Alleskönner, der zur Stelle war, wenn man ihn rief. Nach mehreren Rohrverstopfungen hatte ich den Eindruck ihn sogar mitten in der Nacht herbei rufen zu können, weil er nicht nur das fachliche Können hatte, sondern den schnellen Entschluss. Bei der Arbeit beobachtete ich ihn mit zunehmend staunender Hochachtung, weil er alles nur einmal anfasste und dort ablegte, wo er es schnell wiederfand. Bei mir war es genau umgekehrt. Ich konnte alles schnell ablegen, und verbrachte eine längere Zeit mit der Suche nach Werkzeug, das eben doch noch da oder dort lag.

Dennoch passierte Tschannerl eines Mittags nach der Bemerkung seiner Frau eine kleine Katastrophe, quasi zum Nachtisch mit einer Bemerkung, dass ihr die uralten 60er Jahre Fliesen im Bad nicht mehr gefallen würden. Anstatt sich sein Mittagsschläfchen zu gönnen eilte Tschannerl in seine Werkzeuggarage, um sofort mit der Arbeit zu beginnen. Er war ein Mann der Tat! Das Schlüpfergrün der 60 störte ihn ja auch, und eine neue Fliese würde das Duschen wieder spaßiger machen. Den Bosch Hammer, Arbeitshandschuhe und Schutzbrille gepackt und ins Obergeschoss, wo die Fliesen noch keine Ahnung hatten. Tschannerl öffnete das Velux Fenster und begann sogleich mit dem Abtrennen der Schmach im Bad. Aus Gründen, die er selbst später erst noch ermitteln würde, warf er den Schutt gleich durchs Fenster auf den Hof unten, und sparte sich so die Arbeit, alles im Eimer herunter zu tragen. Das alles machte einen Riesenlärm, staubte enorm, was niemand störte, denn man kannte den Mann der Tat in der Nachbarschaft.

Nachdem nun der untere Putz zu sehen war, machte er eine Pause, um auf dem Hof eine zu rauchen. Anstatt aber sich eine anzustecken, besah er seinen Wagen, den er vergessen hatte auf die Straße zu stellen, wo er sonst immer stand, nur heute eben nicht. Die Fliesen verteilten sich mit dem Schutt auf Dach und Haube, und sendeten letzte Grüße aus den 60ern! Zur Farbe der neuen Fliesen kam jetzt noch die fürs neue Auto, denn die Fliesen waren nicht gut zum Wagen. Tschannerl hatte sich erstmals selbst Arbeit gemacht.

Um diesen Text zu erstellen bedurfte es 10 Minuten des Schreibens, allerdings ebenso viele die Interpunktion zu setzen und mich zu fragen, was Tschannerl wohl heute macht...?
Typ
lustig
Autor
Burkhard Jysch
Veröffentlichung erlaubt
Nein