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Titel
Tom has a cat
Der Text
Diese nicht so leicht widerlegbare Tatsachenbehauptung war der Beginn meines Englischlebens. Meine Fragen, die sich sofort einstellten, waren nicht etwa, ob der Satz in grammatisch korrekter Form so stimmte, sondern eher: Wer ist Tom? Um welche Katze handelt es sich, war sie zugelaufen oder gekauft, und hatte Tom eine Schwester? (Bis zur 5. Klasse stand im Zeugnis: B. lässt sich immer noch sehr leicht ablenken!). Damals gab es für Behauptungen noch keinen Fakten Check, keine gendergerechte Schreibweise, kein Google und keine Ahnung, was mich da noch erwarten würde im Land, wo man immer noch links fährt, und die Zunge besser stets zwischen den Zähnen lässt, wegen des "th".
Schon der zweite Satz war eine Frage: "Has Tom a cat?" Die Antwort "Yes" wäre falsch. Zu "Yes" sagt der stets höfliche Engländer immer noch "Yes, he has". Viel später während meines Aufenthaltes auf den Philippinen, kam ich in den Genuss sehr vereinfachter Kommunikation. Ein Beispiel aus dem Biergarten: Meine Frage an die heran schlurfende Bedienung: "Do you have Sprite?" wurde mit der zuvörderst beruhigenden Antwort: "Yes," dann aber mit einem klaren "Yes, no have!" beschieden. Keine Ausnahme, es war die Regel. Ich nahm dann ein Bier und schluckte jede weitere Frage nach Sprite herunter. Je mehr Bier ich schluckte, desto logischer wurde mir, dass Sprite kein Getränk ist.

Je weiter ich in der Schule auf Englisch getrimmt wurde, desto bunter wurden die Klassenarbeiten. In KotzRot wurden meine Schriften entwertet, was bei jedem Elternsprechtag zur Erörterung kam. Allein das Wort Klassenarbeit ist schon vergiftet. Frau G. müsste jetzt 104 Jahre alt sein, weil sie damals schon alt war. Sie sprach hervorragendes Englisch dachte ich, bis ich in Nordengland erfahren musste, dass ich dort fast nichts verstehen konnte wegen des Slangs, wie der Engländer sagt. Bruchstücke bastelte ich mir zusammen, und beobachtete ihre Aussprache, die mit eingeklemmter Zunge zwischen Tee gefärbten Zähnen zustande kam. Ich beschloss nur noch Tee zu trinken, und am Abend mit eingeklemmter Zunge einzuschlafen und von Bier zu träumen.

Den Bierkonsum schränkte ich fast komplett ein, weil das mit einem Knüppel ins übergroße Glas beförderte Gesöff ohne Schaum nicht mit unserer Köstlichkeit zu vergleichen war. Die Bestellung eines Bieres ist generell in England für Deutsche sehr leicht. Sie erkennen uns als Deutsche schon beim Reinkommen. Niemals hörte ich den Satz: "You like a Sprite?" Meine klare Antwort wäre gewesen:

"Yes, no like!"
Typ
Kurzgeschichte
Autor
Burkhard Jysch
Veröffentlichung erlaubt
Nein