Der Text
Bei einem der zahlreichen Befehle stand der ganze Trupp Oliv in Reih und Glied ausgerichtet, und sah in die kalten Augen des Vorgesetzten. Zur einfachen Erklärung "Stillgestanden" gab man uns gleich zu Beginn der Grundausbildung die Definition mit. "Wenn es heißt "Stillgestanden", dann kneifen Sie die Arschbacken so zusammen, dass ein eingeklemmtes Fünfmarkstück die Prägung verliert!" Rücksicht auf auffällige körperliche Nebenerscheinungen beim Stillgestanden wurde nicht genommen. So hatte es mein Kamerad neben mir schwer, mit seiner Hasenscharte dem Idealbild eines Soldaten zu entsprechen. Durch die Oberlippe schimmerte ein Schneidezahn und gereichte zu einem Wutausbruch Kaltauges. "Mann, machen Sie Ihr Maul zu, oder haben Sie `ne Hasenfresse?"
Solche Töne waren mir neu, gehörten aber schnell zum Alltagsbild des 14ten Luftwaffen Ausbildungsregiments. Wir wurden niemals körperlich geschlagen, dafür täglich verbal. Sie machten aus uns Kleinholz, wenn das Bett nicht korrekt faltenlos, (kein Spannbettuch), gemacht war. Wer schon einmal ein Bündel Stroh als Kopfkisseneinlage versucht hat viereckig zu formen wird Schwierigkeiten bekommen haben. Oder sich auf dem winzigen Blechteil des Tagesabreisskalenders der wirklich letzte Staub in der Bude beim Stubendurchgang entdeckt wurde, au weia... Dieser entschied, ob man am Wochenende endlich nach Hause durfte, oder zu den jämmerlichen Gestalten gehörte, die die Feuerwache bildeten.
Die ersten Wochen waren geprägt von Schlaflosigkeit. Die Nacht gehörte den Erfindern von Nachtmärschen bei lustigem Gesang, in denen es um eine schwarz braune Haselnuss oder ein Polenmädchen ging. Am Freitag war Putz und Flickstunde. Man kann sich vorstellen, wie völlig Unbegabte sich am Knopf mühten, der abgerissen mit feiner Nadel wieder in Reih und Glied gebracht werden sollte. Es kam aber auch zu überraschenden Möglichkeiten dem Kasernenalltag zu entfliehen. Einem abendlichen Anruf des Hafenamtes Hamburg zufolge bräuchte Schuppen 13 sofort 20 Freiwillige, die beim Ausräumen von Bananenkisten von einem Frachter mit kräftig anpacken sollten. Ich war sofort bei der Nachtaktion, wurde doch groß von einer Ruhezeit am Morgen danach gesprochen. Kaum waren wir Deppen wieder hinter grauen Mauern, und legten uns soeben hin, hieß es "Alle raus zum Impfen!" Gegen Bananenfieber war´s wohl nicht......
Der April 1968 war sehr heiß. In Prag spitzte sich der "Prager Frühling" zu, der eine Ausgangssperre für Alle nach sich zog. Damit wir nicht vor Langeweile eingingen, kann ich mich an einen Geländemarsch in der Gegend um Geesthacht erinnern, in voller Kampfausrüstung. Einer von uns Deppen hatte seinen Klappspaten verloren, der vom Kompanieführer nach einem lauten HALT hochgehalten wurde. Der Besitzer möge sich doch sofort melden....Als es wohl keinen gab, brüllte er schon "FLIEGERALARM!!!!" 109 Mann buddelten sich mit dem Spaten ein. Nur einer griff ins Leere, und versuchte wie ein Hund dem Feind durch Buddeln mit den Händen zu entkommen.
Ich überlasse es Lesers Fantasie, wer denn wohl dieser Eine war....?