Der Text
Von Abstand und Nähe
In den Zeiten, wo es auf Abstand ankommt zwischen den Menschen, ist dieser in einigen Fällen nicht aufrecht zu erhalten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Nehmen wir einen der noch geöffneten Flughäfen dieser Welt. Jetzt, wo es den übrig gebliebenen Urlaubern nicht gelungen ist über die Luftbrücke heimzukehren, sich ein weiteres Ticket für einen anderen Flug zu besorgen, der dann auch stattfindet, ist im Terminal das Wort Abstand ein Fremdwort, das international zu sein scheint. Eingezeichnete Markierungen auf den Fluren vor den Schaltern werden von hunderten Füßen verdeckt und in ihrer Sinnhaftigkeit unsichtbar. Wer ganz vorne steht, glaubt die besten Chancen zu haben und drängelt was das Zeug hält.
Aber es gibt auch Abstand in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Angehörigen beispielsweise wird bei Strafe streng untersagt, ihre Verwandten und Freunde zu besuchen. Richtig, sage ich. Der Mensch ist nicht geschaffen um Abstand zu wahren. Liebe Deinen Nächsten in Zeiten von Corona ist schwer durchzuhalten. Aufgeklärte durch wissenschaftliche Berichte der staatlichen Institute erfahren durch den Alltag, wie sehr sich die Masse an die Ausgangsbeschränkungen hält. Aber stellen erstaunt fest, wie sich der Rest gegensätzlich verhält.
Jetzt, wo man weiß auf welchen Abstand es bei Übertragung durch selbst beschwerdefreie Kandidaten ankommt, wo Videokonferenzen statt größere Tischrunden mehrheitlich stattfinden, kommt es aber immer noch zu Szenen, die in systemrelevanten Einrichtungen schwer verdaulich sind. Den Abstand zum Bewohner in einem Pflegeheim einzuhalten ist schlichtweg illusorisch. Um so mehr erwartet man eine Kehrtwende bei Kollegen, bei Aufenthalten in Wartebereichen einer Praxis, und in allen Köpfen, in denen es immer noch mit Grippevergleichen, Todeszahlen, die angeblich nicht stimmen, oder von Herdenimmunität als Ideallösung gegen den Rat der Experten stemmen, und sich als die reinen Kenner der Wahrheit darstellen. Mahner gelten als Spielverderber eines drohenden verlorenen Wettlaufs gegen einen unsichtbaren Feind.
Nach allem was wir wissen dürfte eigentlich eines ganz klar sein:
Dem Virus hilft am meisten Unterschätzung. Als wenn es das wüsste, tritt es mit tödlicher Verzögerung Tage später ans Licht dunkler werdender Tage. Die Welt wird nicht mehr sein wie zuvor, nur die Kleinredner bleiben, wie immer, dieselben.