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Titel
Südafrika
Der Text
Im Reiseführer stand: "Besuchen Sie doch einmal einen Zulu Kral!" In Zeiten der Apartheid in Südafrika brachte man zahllose Farbige in so genannte Homelands. Weitab der weißen malerischen Strände, für die man etwas anderes als karges Grasland vorsah. Hier lebten dann jene Stämme, von denen wir einen auf Anraten des Reiseführers besuchten.

Wir wurden neugierig, denn es stand da auch der Satz: "Die wilden Stämme tanzen Tag und Nacht." Niemand konnte sich das vorstellen. Irgendwo von mussten sie doch leben. Aha, der Eintritt kostet: so und soviel Rand. Umgeben von hohen Holzgeflecht Zäunen betraten wir zur Mittagsstunde das kleine Dorf mit ein paar Hütten, gingen zum Rand quer über den Platz, und schauten in eine unglaublich weite Ebene, in der, statt Dörfern, wie gesprenkelt einzelne Hütten aus dem Dunst hervor traten. Unterhalb des steilen Hanges am Rand des Krals wucherte ungezähmter Busch, aus dem hier und da Rauch kräuselte.

Die Managerin des Krals machte uns mit dem Häuptling bekannt, der genauso aussah wie in Prospekten abgebildet. In Kampfzeug mit Schild und Speer und Leopardenfell als Lendenschurz. Wir verständigten uns mit Hand und Fuß, und einer Unterart Englisch, und stellten unser Heimatland mit dem Wort "Beckenbauer" vor. Er machte eine tiefe Verbeugung, so dass wir schon glaubten, er habe den Wahrhaftigen vor sich...

Um die Dorfmitte herum standen Stroh bedeckte Rundbungalows mit sehr niedrigen Eingängen, in die man nur kriechend hinein kam.So kam wenig Sonnenlicht ins Innere, und es herrschte eine angenehme Atmosphäre. Der Häuptling bot uns einen Sitzplatz an. Es war still, als er uns fragte: "Language?" Gleichzeitig antworteten wir: "German", und bedauerten schon unseren Beckenbauer, da wir annahmen, dass er mit der komplizierten Sprache nun gar nichts anfangen konnte. Hätten wir man Churchill gesagt...

Es knackte in einer Nische hinter ihm, und tönte uns mit den Worten an:

"Guten Tag, dies ist ein Zulukral!"

Ach was....

Ein Tonbandgerät alter Prägung hatte die Aufgabe, sämtliche Fragen von Touristen zu beantworten, noch bevor sie gestellt wurden. Zu den erklärenden Sätzen zeigte der Häuptling manchmal auf sich, dann wieder auf eine Art Stiefelknecht, (das Bett der Eingeborenen, auf dem der Kopf gelagert wurde.) Wir staunten, lernten und lauschten der Tonbandstimme, die wohl ein Student vor längerer Zeit zur Verfügung gestellt hatte.

Wieder in der Hitze des Dorfplatzes hatten sich schon Tänzerinnen und Tänzer im Halbkreis aufgestellt, dazwischen kleine und kleinste Kinder, ein paar Hühner und zwei Hunde, die sich für unsere weißen Knochen schnüffelnd interessierten. Die etwa zehnminütige Tanzvorstellung war eindrucksvoll, und wurde von Trommeln begleitet, die weithin zu hören waren. Am Ende wurde ein gefülltes Büffelhorn herum gereicht, dessen flüssigen Inhalt wir zwar andeutungsweise tranken, aber vorzogen es nicht zu tun.

Mit einer Geldspende, und von dunklen Kinderaugen bis zum Leihwagen verfolgt, machten wir uns wieder auf den Weg zum Hotel. In die neue alte Welt, deren Komfort ich deutlich vorzog.
Typ
Kurzgeschichte
Autor
Burkhard Jysch
Veröffentlichung erlaubt
Ja