Text 400/652

Titel
Krüger Nationalpark
Der Text
Als die junge, aber schon bekannte Fotografin nach ihrer Ankunft mit ihrem Fahrer eine erste Tour durch den Park unternahm, war sie aufgeregt und gespannt darauf, was ihr heute vor die Linse kommen würde. Der Wildhüter und Fahrer fuhr gezielt in ein Gebiet, wo mehrere Löwen regelmäßig gesehen wurden. Sie hatte das Fenster an der Beifahrerseite weit geöffnet und beobachtete aufmerksam die Szenerie, als sie auf ein Rudel Löwen stießen. Man nimmt später an, dass sie durch ihre Routine bei ähnlichen Fahrten vieles unbeachtet ließ, was durch hervorragende Nahaufnahmen der Wildtiere bezeugt wurde. An jenem Tag aber sollte es sich rächen. Mit einer blitzschnellen Aktion ergriff einer der Löwen ihren Arm und riss ihn ab. Das Eingreifen des Fahrers war zwecklos. Sie starb kurz darauf.

Wir sind lange vor diesem tragischen Zwischenfall mehr als vorsichtig gewesen, wenn wir im Krüger Park unterwegs waren. Bei einem der Ausflüge suchten wir in der Karte eingezeichnet eine Toilette. Diese fuhren wir gezielt an, weil es sein musste.... Ein paar weiß getünchte Steine im Rund bildeten die einzige "Barriere" um das kleine Häuschen, hinter dem bereits der Busch wucherte. "Geh du mal rein und schau, ob die Luft rein ist..." Mein Freund und Fahrer war nicht gerade begeistert, wollte mir aber in der Not helfen und stieg aus. Bald kam er den Weg zurück, während ich die Umgebung im Auge behielt. "Alles klar, bis auf eine Menge Ameisen scheint alles ok." In den Parkanweisungen stand klar und deutlich, dass man die Fenster der Autos geschlossen halten sollte, woran wir uns hielten. Was aber bei einem Gang zur Toilette?

Ich stieg also aus und bat ihn den Motor laufen zu lassen, falls doch noch schnell gehandelt werden musste. Wann ich mich jemals auf einem Klo so unwohl gefühlt haben musste, ich konnte mich jedenfalls nicht daran erinnern. Schon der Weg dahin....Überall knisterte es irgendwo in den Mopane Büschen, und sicher wurde ich von mehreren Augen beobachtet, die mich sahen, ich aber ihre nicht. Die ganze Prozedur dauerte nicht lang, während ich einige Ameisen verscheuchte, die über meine Sandalen krochen. Den Rückweg legte ich auffällig langsam zurück. Eine Empfehlung in den Parkbeschreibungen: "Steigen Sie nie aus, bewegen Sie sich langsam, denn alles was läuft ist Beute...."

Als ich die erschreckende Nachricht vom Tod der Fotografin las, musste ich mich an die Situation im Park erinnern. Auch an jene Österreicher, die völlig unbekümmert Fotos aus der Nähe eines Elefantenkadavers machten, und dazu ihr Fahrzeug verließen....
Typ
Kurzgeschichte
Autor
Burkhard Jysch
Veröffentlichung erlaubt
Nein