Der Text
Wenn ich wie heute, auf schmalem Weg durch die Kornfelder fahre mag es sein, dass sich die Ähren hinter mir durch den Luftzug leicht bewegen, aus ihrer Mittagsruhe kurz erwachen, um dann wieder durch den Tag zu dösen wie alles, was um sie lebt. Die Sonne hat sämtliche Kraft des Tages aus allem genommen, lässt die Häupter der Ähren der Gerste zwischen Demut und Erschrockenheit auf den trockenen Boden blicken, während der stahlblech blaue Roggen kerzengerade gen Himmel reckt, als ob es Regen gäbe. Vom Waldrand, nicht weit, kommt etwas Kühle als unsichtbares Tuch. Dahinter stecken Holzstapel geschlagener Fichten, die ihr Harz verlieren.
Ins Blickfeld gerät ein einsam gelegener Hof inmitten der Felder, der von Dornen bewehrten Rosenhecken beschützt wird, aus denen leuchtend rote Blüten sprießen. Der Hof liegt still ohne menschliches Leben, Ackergeräte dürfen ihre letzten Jahre ungestört rosten, und wenn nicht der fette schwarze Kater an der offen stehenden Haustür sein Schläfchen täte, wäre die Welt hier zu Ende. Der Bauerngarten ums Haus ist aus der Mischung zwischen verwildertem Ungestüm, und wohl angelegten Steinwegen, um die sich unzählig Blühendes um die Insekten bewerben, die überall herum schwirren. Ich steige vom Rad, um nicht etwas zu übersehen, mache aber kein Foto. Es würde nur einen Ausschnitt vom Frühsommer zeigen. Zu klein, zu bescheiden, nicht der ganzen Wahrheit des Moments gerecht werdend.
Nicht weit von hier verläuft eine Fahrstraße für Autos, weit genug, um sie nicht zu hören. Der Roggen verschluckt ihre hässlichen Töne. Die kleine Stadt mit ihren zwei Domtürmen winkt aus der Ferne, in mir spricht es von "Bleib doch noch etwas hier"....Ich antworte, dass ich weiter muss, aber wieder kommen werde. Ein Versprechen, das man so sagt beim Abschied von einem Bild.
Vielleicht im Herbst vom Rückenwind des Sommers bis hierher getrieben durch die Stoppelfelder, auf denen der Roggen so sehnsüchtig auf den Regen wartete.