Der Text
Bis der noch junge Mensch herausgefunden hat, wer er ist, wohin er geht, und wo er bleibt, ist mancher Tag ins Land gegangen. Es passierten Tage der Bestätigung seiner gebildeten Meinung, dann wieder Ablehnung. Es kamen Zurückweisungen oder Lob, Beifall und Pfiffe. Es gab gute und schlechte Noten von denen, die anscheinend schon weiter waren, länger gelebt hatten. Was aber sind jene, die mit ihrem Äußeren nicht zufrieden sind? Die sein wollen wie der oder die? Wie viel Lippe braucht die Frau, wie viele geklebte Wimpern bei gleichbleibender innerer Unsicherheit? Es wird nicht gefragt "Darf´s etwas mehr sein?" Es wird bestimmt: "Es muss etwas mehr sein!"
Schönheitschirurgen haben Konjunktur, Botox hilft aus der Klemme zwischen Ist und Soll. Berühmte Künstler sind nach zahlreichen Korrekturen manchmal nicht mehr wieder zu erkennen. Das Bild von ihnen wurde durch Spritze oder Skalpell in eine Richtung geschoben, und dabei aus den Schienen gehoben. Bis es langsam dämmert, dass man durch jede Veränderung hin zum Ideal sich einen Schritt weiter vom Selbst entfernt, bis dahin ist der Weg oft nicht mehr umkehrbar. Man sieht aus wie...und bleibt doch wer man war. Solange der Spiegel der einzig wahre Zeuge ist, solange zweifelt man an dem, was wichtiger ist. Das Innen, die Aura, die man durch sein Auftreten erzeugt wird. braucht keinen Spiegel. Sie ist.
Mir sind schwarz-weiß Fotos lieber als überquellende Farbfotos eines Sonnenuntergangs. Im Nebel sehe ich das angelehnte Fahrrad an einer Brücke, die Geschichte des Besitzers, seinen Weg, vielleicht sein Ziel, und scheitere an der Fantasielosigkeit eines roten Ferrari vor einer Bar im Viertel, der alle Blicke auf sich zieht, und schnell wieder vergessen wird, während das Fahrrad mich einfach nicht loslässt, bis sich sein Besitzer in meiner Fantasie endlich zeigt.
Vielleicht seine Besitzerin?