Text 1/622

Titel
'Die hängen da drüben ab!'
Der Text
Seit einiger Zeit versuche ich die letzten Meisen im Kreis Wesel zu meinem Balkon zu locken. Die übrig gebliebenen Meisenknödel vom letzten Jahr waren wohl nicht der Brüller, sie blieben ungepickt, also in die Tonne. Ganz frische Leckereien in den überdachten Schuhkarton, und ab und an ein vorsichtiger Blick durch die Scheibe.....Wer ist denn da am Werk? Eine fette Taube bringt das Häuschen fast aus dem Gleichgewicht. Wech da! Wech! Ich klopfe und ernte einen Blick im Namen der Unschuld. Wer, ich? Ja Du! Niemals! Doch, doch! Zur Tür und ihr Beine gemacht. Keine Meise in Sicht, und kein Wunder, wenn sich da eine raumfüllende Taube breit macht.....

Weit über mir ziehen Gänse schreiend vorüber. Man gut, dass sie nicht auf Körner stehen, sondern auf frisches Grün am Rhein Deich. Jetzt, wo es kälter wird, denke ich pausenlos an die armen Vögel, die nichts mehr zu fressen haben. Woher auch? Insekten werden jetzt schon per Steckbrief gesucht. Der Hersteller von Mückenschwämmen soll sein Werk geschlossen haben, auf den Autoscheiben quer durch die Republik war ich, und nichts als klare Sicht von Kappeln bis Xanten!

Ich setze ihnen ein Ultimatum: Wenn nicht in 48 Stunden mindestens eine Meise anfliegt dann, dann, weiß ich auch nicht. Inzwischen treffe ich meinen Nachbarn im Flur. Er hat selbst ein Häuschen aufgehängt mit Futter. Ich erzähle, er nickt. Von seinem Fenster zur Straße hat er den Überblick zur anderen Seite des Hauses. "Sie hängen da drüben ab," sagt er, und zeigt über die Straße. Ich werde morgen Gänsefutter kaufen. Zu Weihnachten keine schlechte Idee. Vom Vogelhaus bis zur Bratröhre sind es nur wenige Meter......
Typ
lustig
Autor
Burkhard Jysch
Veröffentlichung erlaubt
Ja